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Der L-QIF – liberaler Lichtblick oder falsche Hoffnung?

Der L-QIF – liberaler Lichtblick oder falsche Hoffnung?

Kommentierung
Kollektive Kapitalanlagen / Kollektivanlagenrecht

Der L-QIF – liberaler Lichtblick oder falsche Hoffnung?

1. Ausgangspunkt

Mit dem «Limited Qualified Investor Fund» (L-QIF) wird in der Schweiz eine neue Kategorie der kollektiven Kapitalanlagen geschaffen. Der gesetzlichen Neuerung liegen zwei Hauptmotive zugrunde: Zunächst zeichnet sich der Fondsplatz Schweiz in erster Linie als Asset-Management- und Vertriebsstandort aus und ist im Vergleich zu anderen Finanzzentren wie Luxemburg weit weniger bedeutend. Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren mehrere EU-Mitgliedstaaten Fondstypen eingeführt haben, die keiner Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedürfen. Durch die ausbleibende Genehmigung können solche Fonds schnell und kostengünstig auf den Markt gebracht werden.

Um im Bereich der alternativen und innovativen Fondsprodukte an die Rahmenbedingungen anderer europäischer Rechtsordnungen aufzuschliessen, hat sich nun auch der Schweizer Gesetzgeber zur Einführung einer bewilligungs- und genehmigungslosen Fondskategorie entschlossen.

2. Qualifikationsmerkmale eines L-QIF

Nach Art. 118a E-KAG, qualifiziert sich ein L-QIF aus vier Tatbestandsmerkmalen. Es handelt sich um eine kollektive Kapitalanlage, die ausschliesslich qualifizierten Anlegern offensteht, gemäss den spezifischen Vorschriften für den L-QIF verwaltet wird und keiner Bewilligung/Genehmigung der FINMA bedarf.1 Der L-QIF richtet sich somit ausschliesslich an Marktteilnehmer, die fachlich qualifiziert sind, professionell beraten werden oder wegen ihrer Vermögenssituation keines besonderen Schutzes bedürfen.2 Beim L-QIF handelt es sich jedoch nicht um eine zum «numerus clausus» des KAG hinzutretende neue Rechtsform einer kollektiven Kapitalanlage. Vielmehr können drei der vier bestehenden kollektiven Kapitalanlagen die Anforderungen eines L-QIF erfüllen (der vertragsbasierte Anlagefonds, die Investmentgesellschaft mit variablem Kapital und die Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen).3 Die Investmentgesellschaft mit fixem Kapital kommt unter anderem infolge der Abschaffung der Inhaberaktien nicht mehr in Frage (vgl. Art. 622 Abs. 1bis OR).4 Besonders zu beachten ist, dass – obschon der L-QIF sowohl von der Bewilligungs- wie auch der Genehmigungspflicht des KAG befreit ist – die Bestimmungen des KAG grundsätzlich auf L-QIF-Strukturen Anwendung finden.5 Dieser Richtsatz wird in Art. 118a Abs. 2 E-KAG, wonach der L-QIF dem KAG untersteht, ausdrücklich festgelegt. L-QIF fallen demgemäss sowohl in sachlicher, persönlicher, territorialer und zeitlicher Hinsicht unter den Geltungsbereich des KAG. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch vielzählige Ausnahmen.6 So ist der L-QIF etwa von der Prospektpflicht befreit.7 Zudem treffen den L-QIF erleichterte Anlagevorschriften, welche aufgrund des beschränkten Anlegerkreises liberaler ausgestaltet sind.8 Beispielsweise muss ein L-QIF weder die Anlagerestriktionen noch die Risikoverteilungsvorschriften des KAG-Rechtsrahmens beachten.9 Potenziellen Einbussen am Anlegerschutz, die sich aus der Befreiung zahlreicher KAG-Vorschriften ergeben können, werden durch den Umstand ausgeglichen, dass zunächst spezifische Anforderungen an die Verwaltung von L-QIF gestellt werden. Beispielsweise muss die Verwaltung durch bestimmte von der FINMA beaufsichtigte Institute wahrgenommen werden,10 und das für die Verwaltung zuständige Institut hat dem EFD die Verwaltung eines L-QIF innert 14 Tagen zu melden.11 Hinzu kommen erhöhte firmenrechtliche Anforderungen12 und die Pflicht, in den Fondsdokumenten eines L-QIF sowie im Zusammenhang mit der Werbung die Bezeichnung «Limited Qualified Investor Fund» oder «L-QIF» zu verwenden.13

3. Einschätzung

Beim L-QIF handelt es sich um ein Produkt, das im europäischen Ausland bereits seit der Umsetzung der Alternative Investment Funds Managers Directive (AIFMD)14 in unterschiedlichen Ausgestaltungen existiert. So kennt Luxemburg den «Reserved Alternative Investment Fund» (RAIF); Malta den «Notified Alternative Investment Fund» (NAIF); Irland den «Qualifying Investor Alternative Investment Fund (QIAIF)» und Frankreich den «Professional Specialized Investment Fund» (PSF). Schweizer Intermediäre, so die Theorie, sehen sich nun regulatorischen Rahmenbedingungen ausgesetzt, mit denen sie zu ihren europäischen Peers aufschliessen können.15 Die Defizite des schweizerischen Fondsplatzes, namentlich den weiterhin fehlenden EU-Marktzutritt und steuerrechtliche Aspekte im Bereich der Verrechnungssteuer, wird auch die L-QIF Neuerung nicht nivellieren. Hinzu kommt, dass bereits unter der geltenden Rechtslage mehrere aufsichtsrechtliche Erleichterungen bestehen, sofern kollektive Kapitalanlagen ausschliesslich qualifizierten Anlegern offenstehen. Namentlich kann die FINMA solche Vehikel ganz oder teilweise von bestimmten Vorschriften der Finanzmarktgesetze i.S.v. Art. 1 Abs. 1 FINMAG befreien, sofern der Schutzzweck des KAG dadurch nicht beeinträchtigt wird.16 Somit stellt die L-QIF Novelle zwar einen begrüssenswerten freiheitlichen Hoffnungsschimmer dar. Ob sie einen Zuwachs im Schweizer Fondsgeschäft bewirken wird, bleibt mit Vorbehalten abzuwarten.

  • 1. Art. 13 Abs. 2bis und Art. 118a Abs. 1 lit. c E-KAG. Vgl. Botschaft zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes vom 19. August 2020, BBl 2020, S. 6899.
  • 2. Botschaft zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes vom 19. August 2020, BBl 2020, S. 6899.
  • 3. Art. 118c E-KAG.
  • 4. Vgl. dazu Botschaft zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes vom 19. August 2020, BBl 2020, S. 6910 f.
  • 5. Botschaft zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes vom 19. August 2020, BBl 2020, S. 6899.
  • 6. Art. 118d E-KAG normiert einen umfassenden Katalog an Bestimmungen, die für den L-QIF nicht anwendbar sind. Vgl. auch Art. 118a Abs. 2 E-KAG, wonach der L-QIF dem KAG nur untersteht, sofern «dieses nichts anderes bestimmt».
  • 7. Botschaft zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes vom 19. August 2020, BBl 2020, S. 6899.
  • 8. Art. 118d lit. a E-KAG.
  • 9. Botschaft zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes vom 19. August 2020, BBl 2020, S. 6899.
  • 10. Botschaft zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes vom 19. August 2020, BBl 2020, S. 6899. In dem die Verwaltung von L-QIF nur Verwaltern oder Portfoliomanagern bewerkstelligt werden darf, die ihrerseits von der FINMA überwacht werden, soll den qualifizierten Anlegern die «gewohnte Qualität und Sicherheit» garantiert werden, vgl. Imbach Haumüller Diana, Der «L-QIF» steht vor der Tür – eine Innovation im Schweizer Kollektivanlagenrecht, GeSKR 2020, S. 493.
  • 11. Art. 118f Abs. 1 E-KAG.
  • 12. Vgl. Art. 118e Abs. 2 und 3 E-KAG.
  • 13. Vgl. Art. 118e Abs. 1 lit. a E-KAG.
  • 14. Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010, ABl. L 174/1 vom 1.7.2011, S. 1.
  • 15. Botschaft zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes vom 19. August 2020, BBl 2020, S. 6898.
  • 16. Art. 10 Abs. 5 KAG.
iusNet BR-KR 28.10.2021