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Verletzung des Bankgeheimnisses

Verletzung des Bankgeheimnisses

Rechtsprechung
Bankrecht

Verletzung des Bankgeheimnisses

BGer 6B_899/2021 vom 26. Januar 2023

I. Sachverhalt

Anwalt A. (nachfolgend Beschwerdegegner) reichte beim Arbeitsgericht ein Dokument als Beweismittel ein, das dem Bankgeheimnis unterworfene Informationen enthielt, namentlich Kontonummern, Kontobestände, Namen und Wohnorte von Bankkunden. Das Dokument hatte er von seinem Klienten, einem ehemaligen Bankangestellten, erhalten. Im Forderungsprozess, den der Beschwerdeführer für seinen Klienten führte, war unter anderem streitig, ob die Bank Ende 2012 noch heikle Geschäftsbeziehungen mit US-Kunden betrieb. Mit dem eingereichten Schriftstück sollte das bewiesen werden.

Dem Bundesgerichtsentscheid ging folgender Verfahrensablauf voraus: Im Juni 2018 sprach das Bezirksgericht Zürich den Beschwerdegegner des Vergehens gegen das BankG schuldig. Dagegen erhob dieser Berufung beim Obergericht Zürich, das diesen im Dezember 2018 freisprach. Gegen dieses Urteil legte die Oberstaatsanwaltschaft Zürich Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht ein. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde gut und wies die Sache zur Neubeurteilung ans Obergericht Zürich zurück (BGer 6B_247/2019 vom 22. Juni 2020). Das Obergericht Zürich sprach den Beschwerdegegner mit Entscheid vom 8. Juni 2021 wiederum frei. Erneut erhob die Oberstaatsanwaltschaft Zürich Beschwerde in Strafsachen und ersuchte das Bundesgericht um Rückweisung der Sache ans Obergericht zur Neubeurteilung. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 26. Januar 2023 in einer öffentlichen Sitzung beraten und die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft Zürich gutgeheissen.

II. Rechtliches

Indem der Beschwerdeführer das Dokument mit den Kundendaten unverändert (d.h. ohne i.S. des BankG geheime Informationen zu schwärzen) beim Arbeitsgericht eingereicht hatte, hat er sich des Vergehens gegen Art. 47 Abs. 1 lit. a i.V.m. lit. c BankG schuldig gemacht. Dieser lautet wie folgt:

"Art. 47

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:

a.            ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Organ, Angestellter, Beauftragter oder Liquidator einer Bank [...] anvertraut worden ist oder das er in dieser Eigenschaft wahrgenommen hat;

b.            […]

c.            ein ihm nach Buchstabe a offenbartes Geheimnis weiteren Personen offenbart oder für sich oder einen anderen ausnützt."

Damit der Tatbestand von Art. 47 BankG erfüllt ist, muss vorsätzliches Handeln gegeben sein. Im Urteil hatte sich das Bundesgericht insbesondere mit der Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit zu befassen. Es bejahte Eventualvorsatz. Für die Bejahung des vorsätzlichen Handelns war vorliegend auch die schwere Sorgfaltspflichtverletzung gemäss Art. 12 lit. a BGFA massgebend. Der Beschwerdegegner hatte das Dokument als Beweismittel eingereicht, ohne dieses genauer zu prüfen. Eine detaillierte Prüfung schien aber angezeigt, da es sich um ein "Bankdokument" handelte. Auch war eine solche Prüfung zumutbar, weil das Dokument lediglich sechs Seiten umfasste.

Das Bundesgericht hiess die Beschwerde gut, hob das Urteil des Obergerichts auf und wies die Sache zur Neubeurteilung ans Obergericht Zürich zurück.

iusNet BR-KR 29.06.2023