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L-QIF und die Änderung des Kollektivanlagengesetzes

L-QIF und die Änderung des Kollektivanlagengesetzes

Gesetzgebung
Kollektive Kapitalanlagen / Kollektivanlagenrecht

L-QIF und die Änderung des Kollektivanlagengesetzes

Die wichtigsten Eckpunkte der neuen Fondskategorie

Am 19.08.2020 verabschiedete der Bundesrat die Botschaft zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes. Im Rahmen der Änderung soll in der Schweiz eine neue Fondskategorie geschaffen werden, der sogenannte «Limited Qualified Investor Fund» (L-QIF). Bei einem L-QIF handelt es sich um eine kollektive Kapitalanlage, die ausschliesslich qualifizierten Anlegern offensteht, die nach den für L-QIF vorgesehenen Vorschriften verwaltet wird und die weder über eine Bewilligung noch eine Genehmigung der FINMA verfügt und auch nicht von der FINMA beaufsichtigt wird (Art. 118a Abs. 1 E-KAG). Ein L-QIF stellt keine neue Rechtsform einer kollektiven Kapitalanlage dar, sondern kann nur eine der bestehenden für L-QIF geeigneten Rechtsformen schweizerischer kollektiver Kapitalanlagen aufweisen, nämlich vertraglicher Anlagefonds, die SICAV, die KmGK (Art. 118c E-KAG). Auf L-QIF finden die Bestimmungen des KAG grundsätzlich Anwendung. Eine Ausnahme besteht zum einen für die Anlagevorschriften (Art. 118d lit. a i.V.m. Art. 53 – 71 und 103 E-KAG); diese werden durch spezifische Vorgaben nach Art. 118n E-KAG ersetzt. Zum anderen finden die Bestimmungen, die der FINMA eine Kompetenz zur Entscheidung im Einzelfall oder eine Aufsichtskompetenz zusprechen, keine Anwendung (vgl. Art. 118d lit. b E-KAG). 

L-QIF unterliegen keinen Vorgaben betreffend mögliche Anlagen und Risikoverteilung; Sondervorschriften bestehen einzig für Immobilienanlagen (Art. 118p E-KAG). Die zulässigen Anlagetechniken und Anlagebeschränkungen werden in der KKV enthalten sein (Art. 118n Abs. 3 E-KAG). Im Sinne des Anlegerschutzes sind die zulässigen Anlagen in den massgeblichen Dokumenten zu regeln (Art. 118n Abs. 1 E-KAG). In den Dokumenten soll weiterhin auf die besonderen Risiken hingewiesen werden, sofern der L-QIF in alternative Anlagen investiert; auch ist die Risikoverteilung zu umschreiben. Zudem müssen Verwalter im Hinblick auf besondere Risiken eine angemessene Organisation aufweisen. Bei offenen Fonds soll angemessene Liquidität betreffend besondere Risiken sichergestellt werden (Art. 78a E-KAG).

Ein L-QIF soll ausschliesslich qualifizierten Anlegern offenstehen. Es handelt sich dabei um professionelle Kunden i.S.v. Art. 4 Abs. 3 FIDLEG, namentlich beaufsichtigte Finanzintermediäre und Versicherungen, Pensionskassen, Unternehmen und Family Offices mit professioneller Tresorerie sowie grosse Unternehmen. Als qualifizierte Anleger i.S.d. KAG gelten weiterhin vermögende Privatkunden mit Opting Out gemäss Art. 5 Abs. 1 FIDLEG (Art. 10 Abs. 3 KAG). Schliesslich zählen zu qualifizierten Anlegern Privatkunden mit einem Vermögensverwaltungs- oder Anlageberatungsvertrag mit einem Finanzintermediär (Art. 10 Abs. 3ter KAG). Neu sollen auch Anlage- und Vermögensverwaltungsverträge mit einem Versicherungsunternehmen i.S.d. KAG darunterfallen (Art. 10 Abs. 3ter lit. a Ziff. 3 E-KAG).

Die Botschaft und der Gesetzesentwurf enthalten weiterhin Vorgaben betreffend die Verwaltung von L-QIF und die Möglichkeit der Aufgabenübertragung. Die Verwaltung muss nur von bestimmten durch die FINMA beaufsichtigten Instituten wahrgenommen werden. Ein L-QIF in Form eines vertraglichen Anlagefonds wird durch die Fondsleitung verwaltet, die die Anlageentscheide einem Verwalter von Kollektivvermögen in der Schweiz und unter bestimmten Voraussetzungen einem ausländischen Verwalter von Kollektivvermögen übertragen darf (Art. 118g Abs. 1 und 2 E-KAG). Ein L-QIF in Form einer SICAV muss die Administration und die Anlageentscheide ein und derselben Fondsleitung übertragen (Art. 118h E-KAG). Ein L-QIF in Form einer KmGK muss die Geschäftsführung an einen Verwalter von Kollektivvermögen übertragen (Art. 118h Abs. 2 E-KAG). Grundsätzlich möglich ist auch die Weiterübertragung der Aufgaben (Art. 118h Abs. 3 i.V.m. Art. 118g Abs. 2 und 3 E-KAG). Auch wenn ein L-QIF nicht der Aufsicht der FINMA untersteht, werden die für die Verwaltung des L-QIF zuständigen Institute durch die FINMA beaufsichtigt, wodurch dem Anlegerschutz genüge getan werden sollte. 

Weiterhin sollen Transparenzvorschriften dem Anlegerschutz dienen: Auf der ersten Seite in den Fondsdokumenten sowie in der Werbung soll die Bezeichnung «Limited Qualified Investor Fund» oder «L-QIF» verwendet werden; auch ist darauf hinzuweisen, dass der L-QIF weder über eine Bewilligung noch über eine Genehmigung der FINMA verfügt und nicht von ihr beaufsichtigt wird. Weiter soll die Firma die Bezeichnung «Limited Qualified Investor Fund» oder «L-QIF» sowie die Bezeichnung der entsprechenden Rechtsform enthalten. Schliesslich darf ein L-QIF nicht als «Effektenfonds», «Immobilienfonds», «übriger Fonds für traditionelle Anlagen» oder «übriger Fonds für alternative Anlagen» bezeichnet werden (vgl. Art. 118e E-KAG).

Die massgeblichen Änderungen des KAG sowie die Anpassungen der KKV sollen voraussichtlich Mitte 2022 in Kraft treten.

iusNet BR-KR 28.10.2021